Tunnelübung am Hochbühl

20.09.2022
Zahlreiche Einsatzkräfte übten im Tunnel die Personenrettung.

Zug entgleist: 300 Rettungskräfte proben Ernstfall

Großangelegte Übung im Tunnel Hochbühl – Helfer meistern Herausforderung Hand in Hand

 

Sabine Süß 20.09.2022

Mit vereinten Kräften transportierten Einsatzkräfte von Feuerwehr und Bergwacht die Verletzten ins Freie, wo die Rettungsdienste die weitere Versorgung übernahmen. −Fotos: sas-medien

Grafling. Schlechte Erreichbarkeit, viele Verletzte und die Enge in einem Eisenbahntunnel: Eine große Einsatzübung am Freitagabend auf der Waldbahnstrecke zwischen Deggendorf und Viechtach stellte die Rettungskräfte vor einige Herausforderungen. Das Einsatzszenario ging von einer Zugentgleisung im Tunnel Hochbühl aus, 20 bis 25 Personen befanden sich zum Zeitpunkt des "Unfalls" im Zug. Für einen solchen "Massenanfall von Verletzten" braucht es viele Helfer: Rund 300 Einsatzkräfte waren an der Übung beteiligt.

Mit Hilfe von Rettungsleine und Steckleitern verschafften sich die Einsatzkräfte über die steile Böschung Zugang zum Südportal des Tunnels, um einen Überblick über die Lage zu bekommen. 150 Meter hinter dem Portal war der Zug "entgleist", die eingeschlossenen Passagiere machten mit lautem Klopfen und Hilferufen auf sich aufmerksam. Sie mussten sich gedulden, denn dem Übungsszenario entsprechend ließen sich die Türen des Zugs zunächst nicht öffnen. Dafür werden im Ernstfall hydraulische Rettungsgeräte gebraucht, die die Einsatzkräfte auf Schienenrollwagen in den Tunnel brachten. Endlich waren die Türen offen und die Retter konnten sich um die Personen im Triebwagen kümmern.

Die Enge im Tunnel stellte eine besondere Herausforderung für die Einsatzkräfte dar. Die Verletztendarsteller – Mitglieder der Jugendfeuerwehr Grafling und andere Freiwillige – spielten ihre Rollen großartig.

Die Verletztendarsteller – Mitglieder der Jugendfeuerwehr Grafling und andere Freiwillige – spielten ihre Rollen großartig: Einige lagen apathisch und mit "blutenden Wunden" am Boden, andere schrien um Hilfe, wieder andere griffen im gespielten Schockzustand die Rettungskräfte an. Die kamen im Inneren des Zuges ordentlich ins Schwitzen, als sie im beengten Raum Verletzte versorgen und zu den Ausgängen bringen mussten. Einsatzkräfte der Feuerwehren, der Rettungsdienste und Bergwacht arbeiteten Hand in Hand, verbanden blutende Wunden und transportierten die Verletzten auf Tragen nach draußen zu den Sammelpunkten, wo sie weiter versorgt wurden.

Nur wenig Platz hatten die Einsatzkräfte zur Verfügung, um sich im Zug um die Verletzten zu kümmern.

Mit rund 60 Fahrzeugen waren die Retter der verschiedenen Organisationen ausgerückt. Um genügend Platz zur Verfügung zu haben, mussten die Fahrspuren der B11 in Richtung Ruhmannsfelden für den Verkehr gesperrt werden. Die Einsatzleitung von Feuerwehr, Sanitäts-Einsatzleitung, Bergwacht, Polizei und Bundespolizei hatte sich am Pendlerparkplatz an der Bayerwald-Brücke positioniert, dort hatten sich auch viele Zuschauer eingefunden, die die Übung beobachteten, ebenso wie Graflings Bürgermeister Anton Stettmer.

Bei Zwischenbesprechungen brachten die Einsatzleiter der verschiedenen Hilfsorganisationen Kreisbrandinspektor Bernhard Süß (Mitte) und DB-Notfallmanager Martin Boot (r.) auf den neuesten Stand.

Fast drei Stunden dauerte die Großübung, zu der die Feuerwehren aus Grafling, Bergern, Deggendorf, Plattling, Gotteszell, Ruhmannsfelden, Regen, Hirschberg, Alberting, Zachenberg, Viechtach und Patersdorf, die BRK-Kreisverbände Deggendorf und Regen mit Krankentransport- und Rettungswagen, Einsatzleiter und SEG-Einheiten, Malteser-Rettungsdienst sowie Rettungsdienst Stadler mit einem Großraumrettungswagen, in dem bis zu fünf Liegendpatienten versorgt werden können, alarmiert wurden. Bei der Personenrettung wurden sie von den Bergwachtbereitschaften Deggendorf und Viechtach unterstützt, ebenso von der für den Bahnbetrieb zuständigen Bundespolizei Deggendorf und einer Hundestaffel der Bundespolizei.

Bei der Abschlussbesprechung im Deggendorfer Feuerwehrhaus bedankten sich DB-Notfallmanager Martin Boot, Kreisbrandinspektor Bernhard Süß und Landrat Bernd Sibler bei den Einsatzkräften für die gute Zusammenarbeit.

Die Initiative zur Übung auf der Bahnstrecke war vom Notfallmanager der Deutschen Bahn, Martin Boot, ausgegangen. Derzeit ist die Waldbahnstrecke zwischen Deggendorf und Zwiesel wegen Bauarbeiten gesperrt, daher wollte er die Gelegenheit für eine Übung nutzen. "Es ist wichtig, dass im Ernstfall alles funktioniert, und dass alle Organisationen Hand in Hand arbeiten", sagte er und bedankte sich bei den Einsatzkräften für ihre Beteiligung an der Übung. Mit deren Ablauf zeigte sich Kreisbrandinspektor Bernhard Süß bei der Nachbesprechung im Feuerwehrhaus Deggendorf zufrieden. "Wir haben das Angebot der Deutschen Bahn natürlich gerne angenommen, denn die Waldbahnstrecke ist im Einsatzfall ein schwieriges Pflaster", sagte er. Das Problem: Kilometerlang gibt es keine seitlichen Zugänge zur Bahnstrecke, da sei es schon eine Herausforderung, Einsatzkräfte und Rettungsgerät an den Zug heranzubringen. "Da ist es wichtig, dass alle die Lage mit der nötigen Coolness und Professionalität abarbeiten", sagte Landrat Bernd Sibler, der sich bei der Nachbesprechung für das Engagement der Einsatzkräfte bedankte. "Ich weiß, dass wir uns auf euch alle jederzeit verlassen können", sagte er zu den Einsatzkräften der verschiedenen Verbände in der Deggendorfer Fahrzeughalle, die abschließend eine Fotodokumentation von der Übung zu sehen bekamen, die das Beweissicherungsteam der Bundespolizei Deggendorf in Zusammenarbeit mit dem Drohnenteam der Deggendorfer Feuerwehr erstellt hatte.